12 bis 15 Millionen Menschen in Deutschland sind arm oder von Armut bedroht. 33 Prozent von ihnen leben trotz Arbeit in Armut. Das kann Konsequenzen für das ganze Leben haben, denn wer heute zu wenig verdient, erhält auch im Alter nicht genug Rente.
Bei den 1,6 Millionen Tafel-Kundinnen und -Kunden sehen wir jeden Tag, welche dramatischen Auswirkungen Armut in jedem Alter haben kann: Den Menschen fehlen einerseits Geld und Möglichkeiten zur sozialen Teilhabe. Andererseits erleben sie auch Nachteile bei Gesundheit und Bildung. Auf Basis dieser Erfahrungen haben wir Forderungen an die nächste Bundesregierung formuliert, damit sie diese Missstände beseitigt. Was in Deutschland schiefläuft und welche Unterstützung armutsbetroffenen Menschen guttun würde, liest du hier in unserem ersten Beitrag zur Bundestagswahl.
Eine gerechte Gesellschaft für alle!
Wir fordern eine gerechte Gesellschaft, die alle am Reichtum unseres Landes beteiligt! Konkret bedeutet das:
- einen armutsfesten Mindestlohn
- armutsfeste Sozialleistungen
- keine prekären Jobs, keine sachgrundlose Befristung
- Aufwertung sozialer, häufig schlecht bezahlter Jobs
- Anerkennung von Kindererziehung, Care-Arbeit, Ehrenamt etc. bei der Rente – denn Arbeit ist nicht das Einzige, das der Gesellschaft gut tut
- gute, bezahlbare Lebensmittel
- bezahlbares Wohnen
Kinderarmut abschaffen und den Armutskreislauf durchbrechen
Jedes fünfte Kind lebt in Deutschland in Armut oder ist von Armut bedroht. Besonders oft betrifft Armut Alleinerziehende und kinderreiche Familien. Das Risiko, in Armut aufzuwachsen, wenn Kinder in einem Haushalt mit niedrigem Bildungsabschluss aufwachsen, liegt bei über 60 Prozent.
Wir fordern von der Politik:
- Armutsfeste Kindergrundsicherung
- Kostenfreie, hochwertige Bildung und Betreuung für alle Kinder – von der Kita bis zur Ausbildung oder Universität
- Kinderrechte ins Grundgesetz, u.a. Recht des Kindes auf Entwicklung und Entfaltung; Recht auf Schutz, Förderung und angemessenen Lebensstandard
Das Leben und die Gesundheit aller Menschen müssen gleich viel wert sein
Arme Menschen haben ein bis zu 150 Prozent höheres Sterberisiko, sie erkranken häufig an Depressionen. Die Ungleichheit zeigt sich auch bei den Tafel-Gästen: 60 Prozent von ihnen haben Herz-Kreislauf-Krankheiten, Diabetes, Übergewicht, Bluthochdruck und andere Krankheiten. Die Corona-Pandemie macht die Unterschiede auch noch einmal deutlich: Während der zweiten Corona-Welle starben arme Menschen mit einer 50 bis 70 Prozent höheren Wahrscheinlichkeit als Menschen, die nicht in Armut leben.
Von der neuen Bundesregierung fordern wir:
- sichere und gesunde Lebensmittel zu bezahlbaren Preisen, die sich alle leisten können
- frühzeitige Ernährungsbildung
- Aufklärungskampagnen zu Gesundheitsthemen
- niedrigschwellige Beratungen und Angebote – zum Beispiel Impfaktionen ohne Anmeldung