Fotos: Rosa Tägtmeyer
Was kannst du besonders gut und warum ist es so großartig, dass wir alle verschieden sind und unterschiedliche Stärken haben? Das erkundeten die Kinder der Kinder-Tafel Wuppertal beim Kreativ-Workshop „Ich bin Ich“. Über das Förderprogramm „Tafel-Bildungschancen“ unterstützte Tafel Deutschland das einwöchige Projekt.
„Ich schaff‘ das! Ich kann das! Ich bin wichtig! Und so, wie ich bin, bin ich richtig!“ Fröhlich singen zwölf Kinder zwischen 6 und 11 Jahren gemeinsam mit einer Tanzpädagogin das motivierende Kinderlied der Musikerin Antje Schomaker. Im lichtdurchfluteten Seminarraum der Tafel Wuppertal stehen sie im Kreis zusammen, rufen den Text, tanzen zur Musik, schütteln sich, stampfen und hüpfen.
So beginnt der zweite Tag des Kreativ- und Theater-Workshops „Ich bin Ich“ bei der Kinder-Tafel Wuppertal. Innerhalb einer Woche erarbeitete die Gruppe in den vergangenen Herbstferien ein eigenes Theaterstück mit verschiedenen kurzen Beiträgen, das sie zum Projektende ihren Familien sowie Freundinnen und Freunden vorführte.
Talente und Stärken erkunden
Familien mit wenig Geld haben kaum Möglichkeiten, ihren Kindern Hobbys und Vereinsmitgliedschaften zu finanzieren. Mit dem Workshop schuf die Kinder-Tafel Wuppertal daher ein empowerndes Angebot für armutsbetroffene Kinder, bei dem sie sich und ihre Talente ohne Druck kennenlernen durften.
Malst du gerne oder kannst du mitreißende Geschichten erzählen? Hast du ein richtig gutes Rhythmusgefühl oder ist deine Empathie besonders stark ausgeprägt? Unter pädagogischer Anleitung probierten sich die Kinder kreativ aus. Dabei konnten sie nicht nur eigene Fähigkeiten entdecken und stärken, sondern auch erkennen, dass jeder Mensch andere Talente hat, die sich gut ergänzen.
„Ich bin stolz auf mich!“
Die entspannte Atmosphäre im Workshop gibt den Kindern den Raum, Fragen zu stellen und zu lernen. Die Tanzpädagogin verteilt Gefühlskarten, die die Kinder aufmerksam betrachten. Ein Mädchen ist sich nicht sicher, was „Stolz“ bedeutet. Die Gruppe bespricht die Bedeutung. Dann klopft sich ein anderes Mädchen motiviert auf die Brust: „Ich bin stolz auf MICH!“
Jetzt wird getanzt: Gemeinsam erarbeiten die Kinder die Choreografie für einen kurzen Tanz zu Klaviermusik, den sie aufführen möchten. Darin drücken sie verschiedene Gefühle durch Bewegungen, Mimik und Gestik aus. „Aus eigener Erfahrung weiß ich, welchen positiven Einfluss Tanz- und Kreativprojekte auf das Leben der Kinder haben können“, sagt Sabrina Kaminski. Die gelernte Theaterpädagogin leitet zusammen mit ihrer Kollegin Elena Merlakova hauptamtlich die Kinder-Tafel Wuppertal. „Bei Kunstprojekten spürt jedes Kind unmittelbar, was es kann – unabhängig davon, was es in der Schule leistet oder in welchen Bereichen es Schwierigkeiten haben mag. In der Kunst ist alles richtig, jedes Kind kann sich künstlerisch ausdrücken.“
Ich bin fest davon überzeugt, dass Kunst und Kreativität im Leben der Kinder etwas verändern können.
– Sabrina Kaminski, Leiterin Kinder-Tafel Wuppertal
Mit Begeisterung bewegen
Der Workshop ist anspruchsvoll und im Laufe des Vormittags schwindet manchmal die Konzentration. Sabrina Kaminski steht mit Getränken und gesunden Snacks wie Gurke mit Joghurtdip oder Apfel bereit. In der Pause greifen die Kinder beherzt zu.
Ihre Begeisterung merkt man den Kindern jederzeit an. Sie sind offen und wissbegierig. So saugen sie beispielsweise Wissen über die Tänzerin und Choreografin Pina Bausch auf, die in Wuppertal gewirkt hat. Dass in Bauschs Tanztheaterstück „Nelken“ auf Tischen getanzt wurde, begeistert die Kleinen besonders.
Auch an der eigenen Bewegung haben sie sichtlich Freude. Nicht nur beim Üben der Choreografie sind sie mit vollem Körpereinsatz dabei. Auch zwischendurch toben sie ausgelassen durch den Raum. Manche rutschen auf Socken herum, ein Mädchen dreht fröhlich eine Pirouette.
Zum Abschluss des Workshop-Tags tanzt und singt die Gruppe noch einmal zu dem Lied „Ich bin wichtig“, weil es den Kindern besonders gut gefällt. Mittlerweile können sie den Text komplett mitsingen: „Ich bin wild! Ich bin mutig! Ich bin wichtig! Und so, wie ich bin, bin ich richtig!“ Dann geht es zum gemeinsamen Mittagessen in die Kinder-Tafel. So wie jeden Tag.
Kinder-Tafel Wuppertal: wichtige Anlaufstelle für armutsbetroffene Kinder und Jugendliche
Bei der Kinder-Tafel Wuppertal bekommen momentan 26 Kinder von Montag bis Freitag jeden Tag ein warmes Mittagessen und Hilfe bei ihren Hausaufgaben. Sie bleiben von 12 bis 16 Uhr und werden von den beiden hauptamtlichen Leiterinnen und einem großen Team aus Ehrenamtlichen betreut.
Seit Sabrina Kaminski und Elena Merlakova die Kinder-Tafel Anfang 2024 übernommen haben, ergänzen kostenlose Freizeit- und Ferienprojekte wie Tanzkurse und Musikunterricht das Angebot. Für Projekte wie den Kreativworkshop „Ich bin Ich“ oder einen Picasso-Workshop im Sommer erhielt die Tafel Förderungen aus dem Programm „Tafel-Bildungschancen“. Damit unterstützt Tafel Deutschland Angebote für Kinder und Jugendliche zur Bildung und sozialen Teilhabe.
Die beiden Leiterinnen spüren, dass die Projekte eine positive Wirkung haben und die Kinder eine starke Beziehung zu ihnen aufgebaut haben: „Sie kommen gern in die Kinder-Tafel, das war nicht immer so. Eine Ehrenamtliche hat mir letztens gesagt, dass die Kinder mittlerweile viel rücksichtsvoller miteinander umgehen. Daran merke ich, dass unsere Arbeit wirkt.“
Sprachbarrieren mit persönlichem Kontakt und digitaler Hilfe überwinden
Da Kinder mit und ohne Migrationsgeschichte die Angebote der Kinder-Tafel Wuppertal wahrnehmen, erlebte das Team zum Teil Sprachbarrieren. „Früher wurden Anmeldebögen für Kinderprojekte in Papierform ausgehängt, dadurch war die Nachfrage manchmal verhalten“, erklärt Sabrina Kaminski. „Mittlerweile kommunizieren wir mit den Eltern viel digital, damit sie Übersetzungstools nutzen können. Außerdem pflegen wir bewusst einen regelmäßigen Kontakt zu den Eltern und binden sie viel ein. Dadurch ist das Vertrauen gut und die Eltern melden ihre Kinder gern für zusätzliche Angebote an.“
Du möchtest mehr Kindern und Jugendlichen die Teilnahme an Projekten wie „Ich bin Ich“ ermöglichen? Spende jetzt für Kinder und Jugendliche bei den Tafeln. Herzlichen Dank!