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Sie sind das Rückgrat des Tafel-Betriebs, die 40 Helferinnen und Helfer der Tafel in Neubrandenburg. Viele sind selbst Tafel-Kundinnen und -Kunden der Tafel. Mit Herz und Zeit setzen sie sich dafür ein, dass Lebensmittel dort ankommen, wo sie gebraucht werden.
„So, liebe Leute, ham wa den Tach rumgekriegt“, heißt es um kurz vor drei im Haus der Tafel Neubrandenburg. Wenn anderswo die Mittagspause endet, haben die Tafel-Aktiven der 65.000-Einwohner-Stadt mit den vier Toren am Tollensesee bereits einen langen Arbeitstag hinter sich. Früh um halb acht geht es los: Im Tafel-Lager in der Otto-Lilienthal-Straße werden Lebensmittel sortiert, während die Fahrer Supermärkte und Discounter in der ganzen Stadt abklappern – „bis der Wagen voll ist“. „Innendienst“ und „Außendienst“ heißt das und ist gleichermaßen wichtig für das Kerngeschäft: die Lebensmittelausgabe. Dreimal die Woche – immer montags, mittwochs und freitags – erhalten bedürftige Menschen hier gerettete Lebensmittel für einen symbolischen Betrag. Oft stehen Kundinnen und Kunden schon Stunden vor Öffnung vor dem Laden. Nicht etwa, weil man befürchte zu kurz zu kommen, sondern zum Plausch und Austausch.
… der Tafel etwas spenden
Jeden Donnerstag ist Ausgabe im benachbarten Woldegk. Fast 50 Kilometer legt das Tafel-Fahrzeug insgesamt zurück, damit die Bedürftigen der Windmühlenstadt nicht länger den Weg nach Neubrandenburg auf sich nehmen müssen. Auf dem Platz vor der Sankt Petri Kirche warten sie bereits auf Valerij und Frank, die in dieser Woche 42 vorgepackte Lebensmittelkisten verteilen. Hauptsächlich Brot, Obst und Gemüse bekommen die Kundinnen und Kunden hier wöchentlich für einen Euro, aber auch Waren aus dem Kühlregal, Nudeln oder Naschereien sind dabei. Diesmal gibt es Schnittblumen und Kräutertöpfe, über die sich die Kundschaft besonders freut. Ein Kunde gibt das Doppelte für seine Portion: Er möchte „der Tafel etwas spenden“ – und das, obwohl er selbst kaum etwas hat. Eine Kundin bringt jeden Donnerstag frisch gebrühten Kaffee für die Fahrer der Tafel mit – sie weiß natürlich genau, wie Frank und Valerij ihren Kaffee am liebsten trinken.
Zu Beginn viel Klinkenputzen
Im Anschluss werden die Supermärkte und Discounter in Woldegk abgeklappert. Insgesamt füllt weit weniger ab als in Neubrandenburg, für die Tafeln und Lebensmittelhändler lohne sich das aber trotzdem, sagt Frank. Drei Märkte gibt es in der Stadt und alle geben sie Lebensmittel an die Tafel ab, „aber zu Beginn war das viel Klinkenputzen“, erinnert sich der stellvertretende Tafel-Leiter. Gute Kontakte sind hier mindestens so wichtig wie Überzeugungsarbeit und Engagement – und gut vernetzt sind sie, die Zeitschenkerinnen und Zeitschenker der Tafel Neubrandenburg.
Wir wissen wenigstens, wofür wir es tun
Hygiene wird bei der Tafel groß geschrieben. In der ehemaligen Lagerhalle, die nun Laden und Lager der Tafel beherbergt, wird nicht nur der Müllraum jeden Tag gereinigt. Gabi, die heute den Tafel-Laden fegt und wischt, macht auch der besonders gründliche Wochenputz an Samstagen nichts aus. Sechs Jahre war sie Tafel-Kundin, bevor sie über das Arbeitsamt als Ein-Euro-Jobberin selbst aktiv wurde. Seit einem Jahr macht sie die Arbeit nun ehrenamtlich. Sie freut sich, dass sie hier auch außergewöhnliche Lebensmittel kennenlernt, mag das bunt durchmischte Team und schätzt besonders das entgegengebrachte Vertrauen der Kundinnen und Kunden. „Wir wissen wenigstens, wofür wir es tun“, stimmt Kollegin Silvana zu. Nächsten Freitag schließt die Lebensmittelausgabe ausnahmsweise schon mittags: Die Tafel-Leitung organisiert ein Sommerfest als kleine Wertschätzung für das ehrenamtliche Engagement, den Fleiß und die geschenkte Zeit.
Der Beitrag erschien im Tafel-Magazin 2019.