Der Bundesfreiwilligendienst bei den Tafeln bietet die Möglichkeit, neue Erfahrungen zu sammeln und sich gesellschaftlich zu engagieren. Auch Emilie ist diesen Schritt gegangen. Bei der Darmstädter Tafel ist die 18-Jährige seit Mai 2022 im Einsatz.
„Ich habe jeden Tag mit sehr unterschiedlichen Menschen zu tun und übernehme verschiedenste Aufgaben, das finde ich klasse“, sagt Emilie und nickt zufrieden. Die Entscheidung, ihren Bundesfreiwilligendienst bei der Tafel zu machen, fiel der Darmstädterin leicht. „Ich hatte mir noch zwei weitere Stellen angesehen, aber die Darmstädter Tafel hat mich überzeugt.“ Sich sozial engagieren und neu orientieren, das ist der jungen Frau wichtig.
Nach der Schule hatte Emilie eine Ausbildung als Zahnmedizinische Fachangestellte begonnen. „Aber dann doch schnell gemerkt, dass das nichts für mich ist.“ Ihre Mutter brachte sie auf die Idee, einen Bundesfreiwilligendienst zu absolvieren. „Erst hatte ich gar keine Vorstellung davon, wie das abläuft und habe einige Praktika gemacht.“ Bei der Tafel fühlte sich Emilie sofort gut aufgehoben. „Nicht nur die Arbeit ist interessant, sondern auch das Verhältnis zu den Kolleginnen und Kollegen ist prima. Wir arbeiten richtig gut zusammen, ein echtes Team.“
Seit Mai 2022 ist Emilie als Bundesfreiwillige im Einsatz. Jeden Morgen um 8:30 Uhr geht es los, dann werden die gespendeten Lebensmittel für den Verkauf vorbereitet, im Gemüsehaus Paprika, Tomaten, Kohlrabi und Blumenkohl sortiert und die Brotausgabe vorbereitet. „Morgens kommen auch schon die ersten Autos mit den gespendeten Waren zurück, da helfe ich beim Ausladen, aber eigentlich bin ich immer da, wo man mich braucht.“ Die Abwechslung gefällt Emilie, die seit einigen Wochen auch eine Kollegin im Bundesfreiwilligendienst hat. „Wir sprechen uns dann gemeinsam mit der Tafel-Leitung ab, wer was machen kann und wo wir einspringen können.“ Emilie freut sich über die Kollegin in ihrem Alter. „Da macht der Einsatz noch mehr Spaß.“
Unterstützung für 1.200 armutsbetroffene Menschen
Die Darmstädter Tafel unterstützt rund 1.200 Kundinnen und Kunden mit gespendeten Lebensmitteln. Zwei Kühlfahrzeuge sind an sechs Tagen in der Woche im Einsatz und fahren rund 50 verschiedenen Bäckereien und Supermärkten an, um die Lebensmittelspenden abzuholen. Darüber hinaus wird von Montag bis Freitag täglich für rund 50 bis 70 Personen frisch gekocht und ein warmes Mittagessen serviert. Auf dem Speiseplan steht das, was an Lebensmitteln gespendet wurde.
Während der Pandemie sei das Mittagessen an der Ausgabestelle verteilt worden. „Da mussten sich die Menschen das Essen selbst holen und in einer Schlange anstehen“, sagt Emilie. Dass sie jetzt im großen Saal der St. Fidelis Gemeinde das Essen serviert bekommen, findet die 18-Jährige viel besser. „Das ist wie in einem Restaurant, wir bringen die Mahlzeiten an den Tisch, das hat auch was mit Respekt zu tun und nicht mit Almosen. Aber am Schönsten finde ich, dass wir anderen Menschen Freude schenken und dass ich etwas bewegen kann mit meiner Arbeit.“
Für 1,50 Euro gibt es Vorspeise, Hauptgericht und Nachtisch. „Jeder und jede kann kommen, man braucht keinen Berechtigungsschein“, sagt Emilie. „Wir fangen schon um 11 Uhr an, weil viele Menschen, die zu uns kommen, noch nicht gefrühstückt haben. Da ist unser Mittagessen die erste und manchmal auch die einzige Mahlzeit am Tag.“
Emilie bei der Essensausgabe,Foto: Darmstädter Tafel e.V.
Natürlich gebe es mal schwierige Situationen, Diskussionen mit Kundinnen und Kunden, Verständigungsprobleme. „Aber die größte Herausforderung ist, dass immer mehr Menschen zu uns kommen und wir gleichzeitig immer weniger Spenden haben“, sagt Emilie. Das führe auch manchmal zu Unmut. „Aber daran sind nicht die Leute schuld, sondern die fehlende Aufklärung. Die Tafel ist ja kein Einkaufsladen, sondern eine gemeinnützige Organisation.“ Man müsse sich dann Zeit nehmen, um alles gut zu erklären.
Emilie ist sich sicher, dass die Zeit bei der Tafel in Darmstadt auch etwas in ihrem Leben verändert hat. „Ich habe gemerkt, wie selbstverständlich ich vorher vieles genommen habe und finde es gut, dass ich jetzt was zurückgeben kann.“ Was sie nach dem Bundesfreiwilligendienst machen will, weiß die Darmstädterin noch nicht genau, aber dass soziales Engagement auch weiterhin eine Rolle spielen wird in ihrem Leben, da ist sie sicher.
Bundesfreiwilligendienst bei der Tafel
Der Bundesfreiwilligendienst (BFD) bei den Tafeln ist so vielfältig wie die Interessen und Fähigkeiten der Freiwilligen selbst. Neben der praktischen Unterstützung der Tafeln erhalten die Freiwilligen in Seminaren die Möglichkeit, sich neue Kompetenzen anzueignen und sich mit anderen Freiwilligen über ihre Erfahrungen auszutauschen. Der BFD ist offen für alle, unabhängig von Alter, Herkunft, Bildungsgrad oder Religion – solange die Vollzeitschulpflicht erfüllt ist. Über 270 Tafeln in Deutschland bieten Einsatzstellen an. Die Dauer eines Einsatzes liegt zwischen sechs und 18 Monaten. Über die Tafel-Suche sind die Kontaktdaten aller Tafeln zu finden, die im Bundesfreiwilligendienst Stellen anbieten. Sie sind durch den Zusatz „BFD“ gekennzeichnet.
Dieser Beitrag erschien im Tafel-Magazin 2022.