Neue Wege in der Logistik

Eine Tafel-Helferin trägt am Laptop Daten ein.
Philip Wilson

Die Tafeln retten im Handel und bei Herstellern pro Jahr 265.000 Tonnen Lebensmittel, die nicht mehr verkauft werden können, aber dennoch genießbar sind. Es braucht eine gute Infrastruktur, um die Tafel-Logistik auch in Krisen-Zeiten aufrechtzuerhalten. Dafür benötigen die Tafeln dringend Unterstützung.

Gemäß den UN-Nachhaltigkeitszielen hat sich die Bundesregierung dazu bekannt, die Lebensmittelverschwendung bis 2030 pro Kopf zu halbieren – auch mithilfe der Tafeln. Damit das gelingt, sind die Tafeln auf eine flächendeckende Unterstützung angewiesen – für den Unterhalt und Ausbau der logistischen Infrastruktur.

Angesichts der aktuellen Krisen, mit denen sich die Tafeln konfrontiert sehen, ist es dramatisch, wenn finanzielle Mittel fehlen, um gespendete Waren anzunehmen und zu verteilen. Immer mehr Menschen fragen die Unterstützung an, während die Lebensmittelspenden nicht für alle reichen, die eine Tafel aufsuchen. Seit Anfang 2022 kommen weniger Lebensmittelspenden bei den Tafeln an, etwa, weil der Handel Prozesse digitalisiert und dadurch besser plant und weil Supermärkte Waren mit kurzer Haltbarkeit häufiger selbst günstig verkaufen.

Tafel Deutschland akquiriert Großspenden von Herstellern für die Tafeln bundesweit

Im Gegensatz zu den Tafeln, die täglich Supermärkte anfahren und vor allem frische Waren abholen, kümmert sich der Dachverband unter anderem um die Akquise von Großspenden bei Herstellern. Besonders eignen sich für die bundesweite Verteilung Trockenwaren wie Snacks, Kühlwaren wie Molkereiprodukte und Tiefkühlwaren wie Pizza kurz vor Überschreiten des Mindesthaltbarkeitsdatums.

Im Vergleich zum Handel, in dem etwa vier Prozent der Überschüsse entstehen, bleiben mehr als viermal so viel Lebensmittel bei Herstellern und Erzeugern übrig. Gründe für die Überschüsse sind etwa falsche Etikettierungen oder Saisonartikel, die nicht mehr verkauft werden können.

Tafel Deutschland nimmt Großspenden ab einer Warenmenge von fünf Paletten an und verteilt diese nach einem gerechten Verteilschlüssel über die zwölf Landeslogistikerinnen und -logistiker der Landesverbände an die Tafeln bundesweit. 2022 hat die Tafel Deutschland 15.903 Paletten unterschiedlichster Waren bedarfsgerecht über ein digitales Logistiksystem verteilt.

Der Dachverband koordiniert ebenfalls Logistikleistungen mit nationalen Kooperationspartnern, berät und unterstützt die Landesverbände bei allen Logistik- und Lebensmittelfragen und ist in der regelmäßigen Abstimmung mit Handelspartnern zu Regeln bei der Lebensmittelabgabe, beim Transport oder der Ladungssicherung.

Lebensmittelrettung wird immer teurer

Der Unterhalt von Logistikzentren ist kostenintensiv und wird durch die gestiegenen Energiepreise immer teurer. Angesichts der hohen Kosten für Strom und Benzin wird es für die Tafeln immer wichtiger, die Lebensmittelrettung weiter zu digitalisieren und die Logistik auszubauen. Die Tafeln könnten größere Mengen Lebensmittelüberschüsse von Herstellern retten und damit mehr armutsbetroffenen Menschen helfen. Dafür brauchen sie jedoch staatliche finanzielle Unterstützung. Die Unterstützung wäre ein wichtiger Schritt, um das Ziel, die Lebensmittelverschwendung bis 2030 zu halbieren, zu erreichen.

Die Hilfe zahlreicher Unterstützerinnen und Unterstützer fließt schon jetzt in den Unterhalt der Logistik. Bereits bestehende Lager können dank der Hilfe weiter betrieben und vereinzelte Personalstellen finanziert werden.

Partnerschaften bilden

Besonders hilfreich ist es, vor Ort Partnerschaften zu bilden – beispielsweise zwischen Tafeln und Speditionen. Viele Speditionspartner arbeiten schon mit Tafeln auf lokaler Ebene zusammen, indem sie beispielsweise Lagerflächen kostengünstig oder kostenfrei zur Verfügung stellen und Transporte für Lebensmittelspenden übernehmen. Tafel Deutschland arbeitet unter anderem eng mit der Spedition Dachser zusammen. Das Unternehmen spendet Geld, damit Lebensmittel- und Sachspenden zu den Landesverbänden transportiert werden können, ohne dass die Tafeln die Fahrten bezahlen müssen. Große Unternehmen können den Tafeln die dringend benötigte Infrastruktur bereitstellen, die für die Lebensmittellagerung und den Transport notwendig ist.

Die Erfahrungen zeigen, dass Prozesse bei der Abholung von Lebensmitteln rund um die Uhr verlässlich sein müssen, um angebotene Waren schnell und bedarfsgerecht zu verteilen. Wenn ein Hersteller beispielsweise kurzfristig Waren kurz vor dem Mindesthaltbarkeitsdatum abzugeben hat, müssen die Lebensmittel schnell verteilt werden.

Mit der eco-Plattform zu einer digitalen Lebensmittelrettung

Im Rahmen des Projektes „Tafel macht Zukunft“ wurde die digitale eco-Plattform entwickelt. Die Devise des Projektes ist es, Arbeitsabläufe der Lebensmittelrettung durch digitale Ansätze zu erleichtern. Bundesweit ist die Software bereits zu einem wichtigen Bestandteil der alltäglichen Arbeit geworden. Beginnend mit der Ablösung der Papierlieferscheine über deren automatische Übermittlung an die Spenderinnen und Spender bis hin zu den Auswertungen aller Touren und des Spendenverlaufs erweist sich die Plattform als hilfreiches Werkzeug. Die bessere Planbarkeit bei der Lebensmittelrettung spart Zeit und Geld. Weitere Informationen zum Projekt finden sich hier.

Verbindliche gesetzliche Maßnahmen gegen Lebensmittelverschwendung dringend erforderlich

In Deutschland landen immer noch jährlich etwa 12 bis 18 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll – das ist vor allem vor dem Hintergrund der aktuellen Krisen dramatisch. Um unnötige Lebensmittelabfälle weiter zu reduzieren, braucht es gesetzliche Regelungen. Der Dachverband der Tafeln fordert von der Bundesregierung neben der finanziellen Unterstützung der Tafeln verbindliche gesetzliche Maßnahmen für Hersteller, den Lebensmittelhandel sowie Privatverbraucherinnen und -verbraucher.

Drei Punkte sollten gesetzliche Regelungen aus Sicht der Tafeln umfassen, damit sie effektiv gegen Lebensmittelverschwendung wirken:

1. Lebensmittelspenden müssen rechtssicher sein sowie vereinfacht und steuerlich begünstigt werden – sowohl für Hersteller und Erzeuger wie auch für den Lebensmittelhandel. Alle beteiligten Akteure müssen dafür gemeinsam beraten.

2. Gemeinnützige, spendenempfangende Organisationen wie die Tafeln müssen finanziell durch den Staat unterstützt werden, um die notwendige Infrastruktur durch Lager und Transport bereitstellen, anpassen und unterhalten zu können.

3. Verbraucherinnen und Verbraucher müssen mit einer umfassenden Bildungskampagne über Maßnahmen gegen Verschwendung aufgeklärt werden.

Dieser Beitrag erschien im Tafel-Magazin 2022.

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