Fotos: Reiner Pfisterer
Sie holen übriggebliebene Lebensmittel im Handel ab, verteilen Obst, Brot und mehr an armutsbetroffene Menschen und organisieren Projekte beispielsweise zur Ernährungsbildung für Kinder: Für die 77.000 Tafel-Aktiven ist „Lebensmittel retten, Menschen helfen“ nicht nur ein Motto, sondern eine Mission. Zum Tag des Ehrenamts am 5. Dezember zeigen wir, was die Engagierten bei den Tafeln leisten und wie du selbst mitmachen kannst.
Gerda knotet ihre orangefarbene Schürze zu und greift beherzt nach der ersten Kiste. Darin stapeln sich Zaziki, Fleisch und Mozzarella, die sie einzeln kontrolliert. Die guten Waren legt sie in die großen Kühlschränke, damit andere Ehrenamtliche sie später bei der Ausgabe an die Tafel-Kundschaft verteilen können. Ist das Verbrauchsdatum überschritten oder die Verpackung aufgebläht, entsorgt Gerda die verdorbenen Lebensmittel direkt.
Ulrike stößt zu Gerda dazu. Beide unterhalten sich angeregt und lachen viel, während sie kistenweise Kühlwaren sortieren. „Mir ist wichtig, einfach helfen zu können. Und ich bin froh, wenn ich einen festen Termin in der Woche habe, dann kommt bissl Struktur während der Rente rein“, erzählt Gerda, die sich jeden Dienstag bei der Tübinger Tafel engagiert. Die Arbeit mache Spaß, sagen Gerda und Ulrike übereinstimmend und lächeln sich fröhlich an.
Die Tafel-Teams in den 975 Tafeln mit ihren 2.000 Ausgabestellen bilden lebendige Gemeinschaften, die zusammen anpacken, schwitzen und lachen – generationsübergreifend und unabhängig von der Herkunft. Die Begeisterung für die gute Sache und der Wunsch, armutsbetroffenen Menschen tatkräftig zu helfen, schweißen sie zusammen.
Ich bin krankheitsbedingt in Frühpension. Trotz allem habe ich es gut getroffen und möchte der Gesellschaft etwas zurückgeben. Die Arbeit macht Spaß und die Altersspanne in unserem Team ist groß – das hält jung.
– Kirsten, Engagierte bei der Tafel Duisburg
Mit ihrem Engagement tragen die Freiwilligen dazu bei, dass gute, aber überschüssige Lebensmittel zu Menschen mit wenig Geld kommen. Ihren Einsatz erleben sie gleichzeitig als persönliche Bereicherung: Sie sind Teil einer lebendigen und motivierten Gemeinschaft, knüpfen neue Kontakte und teilen ihre Erlebnisse mit einem gleichgesinnten Team.
Die Arbeit für die Tafel ist was Sinnvolles und füllt einen aus. Man bekommt viel positive Rückmeldungen und das tut schon gut. Die Leute, die hier mitarbeiten, machen das alle ehrenamtlich und freiwillig. Das ist einfach schön, dass wir so gut zusammenarbeiten können.
– Reinhardt, ehemaliger Vorsitzender der Tübinger Tafel
Welche Aufgaben kann ich bei einer Tafel übernehmen?
Die meisten Engagierten sorgen dafür, dass die geretteten Lebensmittel vom spendenden Unternehmen zur Tafel-Kundschaft gelangen:
🚚 Ein Fahrer oder eine Fahrerin fährt mit dem Tafel-Auto spendende Unternehmen auf einer festgelegten Route an. Sie werden in der Regel von einem Beifahrer oder einer Beifahrerin begleitet, manchmal auch von zwei. Der Fahrdienst sammelt bei verschiedenen lokalen Händlern wie Supermärkten, Discountern und Bäckereien übriggebliebene Lebensmittel ein. Wenn Zeit ist, sortieren sie die Lebensmittel vor Ort bereits grob vor und entsorgen offensichtlich verdorbene Waren. Am Ende ihrer Tour fahren sie alle Spenden zu ihrer Tafel.
🍊 Die Lebensmittel kommen in der Tafel in unsortierten Kisten an. Engagierte kontrollieren sie, entsorgen Verdorbenes und sortieren alles andere sortenrein. So bereiten sie alle Spenden für die Ausgabe vor.
🫴 Die sortierten Lebensmittel verteilen die Freiwilligen während der Ausgabezeiten an die Tafel-Kundschaft. In der klassischen Tafel-Ausgabe gibt es verschiedene Stationen, darunter Backwaren, Obst, Gemüse und Kühlware. Alle Kundinnen und Kunden gehen zu den einzelnen Stationen, wo ihnen die Ehrenamtlichen Lebensmittel überreichen. Sie achten dabei auf die Haushaltsgröße und auf die Menge der an dem Tag eingegangenen Spenden, sodass sie alle Waren möglichst gerecht verteilen. In Tafel-Läden kaufen die Kundinnen und Kunden hingegen wie in einem kleinen Supermarkt ein und nehmen die Produkte in haushaltsüblichen Mengen aus den Regalen, die sie kaufen möchten. Die Ehrenamtlichen kassieren den Einkauf ab.
In manchen Tafeln teilen sich Engagierte das Sortieren und Ausgeben, in anderen Tafeln übernehmen die gleichen Personen beide Aufgaben.
Das ist eine tolle Arbeit und es gefällt mir, mitten im Geschehen zu stehen. Die im Team Fuß gefasst haben, bleiben auch dabei, weil das hier einfach eine gute Gemeinschaft ist. Die einen können sich auf die anderen verlassen, das ist klasse.
– Willi, Ehrenamtlicher bei der Tübinger Tafel
Aufgaben hinter den Kulissen der Tafel-Ausgabe
Damit eine Tafel gerettete Lebensmittel an armutsbetroffene Menschen weitergeben kann, kümmern sich im Hintergrund Engagierte um die Organisation der Tafel-Arbeit. Sie sorgen dafür, dass alles möglichst reibungslos läuft. Die meisten von ihnen sind parallel auch beim Sortieren oder Ausgeben dabei.
💻 Sie koordinieren die Freiwilligen, erstellen Einsatzpläne, planen die Routen für den Fahrdienst und vieles mehr.
💶 Sie kümmern sich um das Fundraising, damit die Tafel genug Geld hat für ihre Betriebskosten. Dafür organisieren Ehrenamtliche beispielsweise Spendenaktionen, sprechen Unternehmen an und pflegen Kontakte zu Spenderinnen und Spendern.
📰 Um neue Ehrenamtliche zu finden, Spenden zu gewinnen und auf ihre Arbeit aufmerksam zu machen, nutzen viele Tafeln Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Ob auf Social Media, mit Presseaktionen oder Marketingmaßnahmen: Mit oft begrenzten Mitteln sprechen sie Medien und Öffentlichkeit auf kreativen Wegen an, um die Tafel-Arbeit zu unterstützen.
📲 Je komplexer die Tafel-Arbeit wird, desto hilfreicher sind digitale Hilfsmittel. Über die eco-Plattform können Tafeln beispielsweise Fahrtrouten flexibel planen und Spendenmengen erfassen. Immer mehr Tafeln nutzen zudem Software, um die Daten ihrer Kundschaft sicher und zuverlässig zu verwalten.
💡 Alle Fäden laufen beim Vorstand, der Geschäftsführung und / oder Teamleitungen zusammen. Die Struktur hängt davon ab, ob eine Tafel in Trägerschaft arbeitet oder ein eigenständiger Verein ist.
Was kann ich tun, wenn ich nicht viel Zeit habe?
Das Ehrenamt wandelt sich: Immer mehr Menschen möchten sich flexibler und projektbezogen engagieren. Auch in vielen Tafeln gibt es dazu Möglichkeiten: Sie bieten beispielsweise Ernährungsprojekte für ihre Kundschaft, Freizeitangebote für armutsbetroffene Seniorinnen und Senioren oder Begegnungstreffen und kleine Feiern für Kundschaft und Engagierte an.
🗓️ Um Projekte zu beantragen, zu planen und zu organisieren, freuen sich viele Tafeln über Unterstützung.
🌞 Der Projekttag ist endlich da? Helfende Hände sind wichtig, um die Projekträume vorzubereiten, Kinder während der Veranstaltung zu unterstützen, Infostände zu betreuen und vieles mehr. Ein Projekt oder eine Veranstaltung wird zum Erfolg, wenn das Tafel-Team zusammenarbeitet.
🥕 Mittlerweile bieten immer mehr Tafeln alternative Engagementformate an. Bei der Berliner Tafel können Berufstätige beispielsweise flexibel zu Abendschichten vorbeikommen und dort Lebensmittel zu musikalischer Begleitung sortieren. Bei der Tafel Niederberg liefern die jungen Engagierten der Saturday Suppliers am Wochenende Lebensmittel zu mobilitätseingeschränkten Menschen nach Hause.
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Was muss ich für ein Ehrenamt mitbringen?
Die Tafeln stehen allen offen, die sich einbringen wollen. Hier engagieren sich Menschen, die bewusst vom Büroalltag abschalten und etwas mit ihren Händen machen möchten. Andere Freiwillige wollen ihre Erfahrungen für einen guten Zweck einsetzen und übernehmen entsprechend ihrer Fähigkeiten zum Beispiel Aufgaben im Fundraising oder der Buchhaltung. Wieder andere kommen, um etwas zu lernen und beispielsweise ihre Deutschkenntnisse zu verbessern.
Ich komme aus der Ukraine. Zuerst habe ich bei der Tafel eingekauft. Ich hatte so viel Zeit, jetzt komme ich und helfe. Seit ich in der Tafel arbeite, lerne ich sehr gut Deutsch. Es kommen viele ukrainische Menschen. Sie sprechen kein Deutsch, aber ich kann helfen.
– Viktoriia, Ehrenamtliche bei der Tafel Mannheim
Das Ehrenamt lebt vom Einsatz der unterschiedlichsten Menschen. Im Team helfen sich alle gegenseitig, lernen voneinander und miteinander, probieren sich aus und erschließen sich neue Aufgaben.
Du möchtest dich für dein Tafel-Engagement tiefer in fachliche Themen einarbeiten oder dir neue Aufgaben erschließen? Die Tafel-Akademie unterstützt haupt- und ehrenamtlich Engagierte gezielt mit Seminaren und Weiterbildungen, die auf den Tafel-Alltag zugeschnitten sind.
Im Leben sammelt man Erfahrungen, auch fachliche Kenntnisse und Fähigkeiten. Hier bei der Tafel, wo man aus Nichts was machen muss, sind unsere Erfahrungen wertvoll.
– Hans-Jörg, Mitgründer der Tafel Torgau
Wie finde ich heraus, wo und wie ich mich für die Tafeln engagieren kann?
Wir freuen uns, dass du dich der Tafel-Bewegung anschließen möchtest! Manche Tafeln suchen generell neue Ehrenamtliche, andere nur für bestimmte Aufgaben wie den Fahrdienst. Die Tafel in deiner Nähe kann dir sagen, wie du sie am besten unterstützen kannst. Die Kontaktdaten findest du über unsere Tafel-Suche, indem du deine Postleitzahl oder deinen Wohnort eingibst.
Danke zum ein Tag des Ehrenamts 🧡
Ohne die vielen Freiwilligen könnten Tafeln keinen einzigen Apfel retten und an einen armutsbetroffenen Menschen weitergeben. Ehrenamtliche leisten wertvolle praktische Hilfe, die direkt ankommt: Sie unterstützen Menschen in ihrer Nachbarschaft und entlasten die Umwelt.
Gleichzeitig bringen sie mit ihrem Einsatz Menschlichkeit in unsere Gesellschaft. Sie zeigen Missstände auf. Dabei machen die Tafel-Aktiven Armut und Lebensmittelverschwendung nicht nur sichtbar, sondern setzen sich auch dagegen ein. Das stärkt den Zusammenhalt.
Wir bedanken uns herzlich bei allen, die den Tafeln und ihrer Kundschaft ihre Zeit spenden. Manche tun das seit drei Jahrzehnten, andere haben sich der Tafel-Bewegung vor drei Tagen angeschlossen. Vielen Dank für eure Energie, Motivation und Unterstützung!
